德语新闻(Deutsche Nachrichten über China)

Der gute Mensch von Dongguan----Aus Spiegel

Die Löhne sind jämmerlich, die Unterkünfte verdreckt, Krankenversicherung ist ein Fremdwort: Die Lebensverhältnisse chinesischer Arbeiter sind oft katastrophal. Ein deutscher Unternehmer beweist, dass es auch anders geht - und hält der Konkurrenz trotzdem stand.
Das Schild ist nicht zu übersehen. "Zutritt nur für weibliche Mitarbeiter", steht vor dem Gebäudeeingang geschrieben. Die junge Frau mit Zopf interessiert das recht wenig. Sie führt den - männlichen - Besucher schnurstracks am Schild vorbei. "Wir legen die Vorschriften so aus, wie sie gemeint sind", sagt Zuo Quing Quing, während sie stolz ihr Zimmer präsentiert. Die 15 Quadratmeter teilt sie sich mit drei Kolleginnen. An der Wand hängen Poster chinesischer Popstars, der Boden ist sauber, die Klimaanlage läuft. Die 20-Jährige hat gerade Mittagspause und nimmt sich Zeit für einen kleinen Rundgang. Ihr gehe es ausgezeichnet heute, sagt Zuo. Sie trägt ein modisches hellblaues T-Shirt, um den Hals eine Perlenkette. Zuo sieht nicht aus wie eine typische chinesische Näherin.

Seit rund einem Jahr arbeitet sie für die Textilfirma TMS in der Stadt Dongguan im Perlflussdelta. Ihr Chef ist ein Deutscher: Frank Fleischer. Der 51-Jährige produziert mit seinem Team Kollektionen für Firmen wie Esprit, Armani oder Closed. "Etwa jedes fünfte Esprit-Kleidungsstück, das in den Läden hängt, kommt von TMS", sagt Fleischer, der neben seinen Mitarbeitern wie ein Riese mit Boxernase aussieht.
"Ursprünglich", gesteht der gebürtige Hamburger, "wollte ich vor rund 30 Jahren BWL studieren. Doch dafür war mein Abi-Durchschnitt einfach zu schlecht." So entschloss er sich, eine Ausbildung als Groß- und Außenhandelskaufmann zu beginnen, die ihn 1979 zum ersten Mal nach Asien führte. Kurz darauf machte er sich selbstständig und gründete TMS - das ist jetzt 25 Jahre her. "Damals waren wir zu viert", erklärt Fleischer. Heute macht Fleischer jährlich 160 Millionen US-Dollar Umsatz, rund 600 Menschen sind in Ländern wie China, Indonesien, Indien und Bangladesch direkt bei ihm angestellt: Designer, Entwickler, einfache Arbeiter. Sie erstellen Muster, suchen nach Trends, entwerfen neue Kleidungsstücke. Finden diese bei einem Kunden Gefallen, vergibt Fleischer Großaufträge an Fabriken, in denen dann mehrere zehntausend Arbeiter die fertige Ware produzieren.

Programm mit strengen Auflagen

Fleischer kennt die Fabriken bis ins Detail, schließlich hat er jede einzelne persönlich ausgesucht. Besonders in China sei die Auswahl nicht einfach. "Die Umstände sind manchmal eine Katastrophe. Von 100 Produktionsstätten kann man höchstens mit zwei bis drei zusammenarbeiten", sagt Fleischer: "Die Voraussetzung für gute Arbeit ist, dass sich die Mitarbeiter wohl fühlen." Deshalb hat er gemeinsam mit den Fabriken ein Programm mit strengen Auflagen entwickelt: Kinderarbeit ist verboten, Überstunden dürfen nur gegen entsprechende Bezahlung gemacht werden. Die Mitarbeiter müssen ausreichend zu essen und trinken sowie sanitäre Anlagen zur Verfügung haben. Kontrolleure achten darauf, dass die Vorgaben eingehalten werden.
Dass solche Rahmenbedingungen auch einiges kosten, räumt Fleischer unumwunden ein. Teurer als seine Konkurrenten müsse er seine Ware deshalb aber nicht verkaufen. "Den zusätzlichen Aufwand machen wir an anderer Stelle mehr als wett", sagt er. Durch günstigeren Einkauf etwa, oder eine effektivere Organisation der Arbeit. Gleichzeitig sei die Produktivität auf Grund der besseren Motivation deutlich höher, fügt der Unternehmer hinzu. Auch die Ausschussrate sei geringer. Außerdem sei die faire Behandlung von Mitarbeitern heute mehr gefragt denn je. "Besonders die großen Kunden achten darauf."
Inzwischen nimmt Näherin Zuo in der Kantine gemütlich ihr Mittagessen zu sich. Reis mit Gemüse. Essen und Unterkunft sind in ihrem monatlichen Lohn von 1100 chinesischen Renminbi (rund 110 Euro) inbegriffen. Das durchschnittliche Einkommen von Wanderarbeitern im Perlflussdelta liegt bei 60 bis 70 Euro pro Monat. Ob sie denn nicht langsam wieder an die Maschine müsse? "Nein", entgegnet Zuo, schließlich sei es erst kurz vor ein Uhr, "die Pause geht bis zwei".
Mit am Tisch sitzt auch Cousine Shi Mei. Im Gegensatz zu Zuo ist die 26-Jährige bereits verheiratet, hat ein Kind. Erst jüngst, während der Feiertage für das chinesische Neujahrsfest, habe sie ihre Tochter für zehn Tage gesehen. Die Zweijährige lebt bei der Familie im 1500 Kilometer entfernten Xiantao in der Provinz Hubei. Vor neun Jahren hat Shi die Heimat in Richtung Süden verlassen, zwei Jahre später folgte die Cousine. Zwei Tage brauchen beide für die Heimfahrt per Bus, 21 Tage Urlaub gewährt ihnen ihr Arbeitsvertrag. "Wir sind zufrieden", sagt Shi, während die ihren Teller zur Geschirrabgabe bringt, "zumal wir auch eine Krankenversicherung haben." Den Rest der Mittagspause verbringen die Cousinen auf der großen Wiese vor dem Firmengelände und entspannen, bevor es zurück an die Maschinen geht.

Sechs-Tage-Woche mit bezahlten Überstunden

Sechs Tage in der Woche sitzen sie vor den modernen Maschinen, täglich mindestens acht Stunden lang. Das Rattern ist kaum wahrzunehmen, es wird von Musik aus den Boxen übertönt. Songs von Justin Timberlake sind zu hören, auch Madonna. Zuschneider Wu Cao Jia gefällt die Musik, der 21-Jährige singt laut mit, während die Frauen um Zuo und Shi mit dem Lachen kämpfen. Die Stimmung ist gut.
Auch Designerin Vanessa Kohler schaut vorbei. Die 25-Jährige hat vor zehn Monaten ihren Abschluss an der Akademie Mode und Design in München gemacht und arbeitet seitdem für TMS in Dongguan. "Wir greifen uns Talente an Hochschulen weltweit", sagt Chef Fleischer.
Verständigen kann sich Kohler mit den Näherinnen, die nur chinesisch sprechen, zwar nicht, dennoch ist es für die Deutsche wichtig, vor Ort zu sein. "Hier kann ich direkt Einfluss nehmen, Änderungen durchgeben - wenn auch über einen Dolmetscher. Das Ganze aus Deutschland zu steuern, wäre recht schwierig", erklärt sie.
Das weiß auch Fleischer. Der Geschäftsmann hat zwar nach wie vor eine Wohnung in Hamburg, sitzt aber nahezu jeden Tag im Flieger, überwacht die Produktionsabläufe, verhandelt mit Kunden weltweit. So einen Job wünscht sich auch Zuschneider Wu. Er möchte die ganze Welt sehen. Bislang hat er China noch nie verlassen. Näherin Zuo hofft, eines Tages eine große Textilfabrik zu leiten. Cousine Shi ist da schon etwas realistischer. Sie wünscht sich nur eines: Gesundheit für ihre Familie.
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國先自伐而後人伐之

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Asiens Flüssen droht Wassermangel

Tibets Gletscher schmelzen infolge des Klimawandels, doch die Bauern auf dem Dach der Welt zeigen sich vorerst unbesorgt. Wissenschaftler warnen jedoch vor dramatischen Auswirkungen für die Wasserversorgung ganz Asiens.

Nojin Kangtsang - Tibets riesige Gletscher schmelzen, doch die Bauern auf den einsamen Höhen des Himalayas wissen von nichts. Bis zu einem Drittel dieser Gletscher auf dem Dach der Welt, aus denen sich die großen Flüsse Asiens speisen, könnten den Fachleuten zufolge bis 2050 verschwunden sein, die Hälfte bis 2090, wenn die Erderwärmung andauert.:astonishment:  Obwohl die Zeichen des Schwundes in den eisigen Höhen Tibets schon bemerkbar sind, sorgen die Bauern hier sich einzig um ihr Tagewerk und das Wetter von morgen.

Selbst an einem der kältesten Orte Tibets, am Nojin Kangtsang Gletscher zwischen der tibetischen Hauptstadt Lhasa und dem Mount Everest, ist die Erwärmung spürbar. Das Wasser des Bergsees Yamdrok-So ist schon tief türkis gefärbt, ein Zeichen, dass das winterliche Eis schon abschmilzt. Warmes Wetter im Januar und Februar hat diesen natürlichen Vorgang beschleunigt. Und die umliegenden Berge haben eine dünne Schneedecke zu einer Jahreszeit, zu der sie eigentlich tief im Schnee stecken sollten.

"Durch die Erwärmung der Erdatmosphäre hat sich das Klima auf der tibetischen Hochebene in den vergangenen drei Jahren erheblich gewandelt", sagt Xu Liangyan, ein Ingenieur beim staatlichen chinesischen Wetteramt. Das Amt teilte erst kürzlich mit, das vergangene Jahr sei das wärmste in China seit 1951 gewesen. Mehr als ein Drittel der Wetterstationen auf der Hochebene, immerhin alle über 4000 Meter über dem Meeresspiegel, verzeichneten Rekordtemperaturen. "Es ist offensichtlich, dass die Eisschmelze sich beschleunigt und die Schneegrenze zurückweicht", sagt Kang Shichang vom Tibet-Institut der Chinesischen Akademie der Wissenschaften.

Dieser Rückgang droht schon bald dramatische Folgen für die Wasserversorgung ganz Asiens zu haben. "Feuchtgebiete gehen zurück, der Grundwasserspiegel sinkt", warnt Song Yanling vom staatlichen Wetteramt. Im Westen der Hochebene sei die Durchschnittstemperatur in diesem Winter zwischen zwei und vier Grad höher gewesen als in anderen Jahren. Der Rückgang der Gletscher könnte die Wasserversorgung der großen Ströme Asiens - Ganges, Brahmaputra, Indus, Yangtze, Gelber Fluss und Mekong - gefährden. Bis zu drei Milliarden Menschen leben an diesen Flüssen oder in der Nähe - und könnten schon bald von Wassermangel bedroht sein.

Allein im Westen Chinas könnten der Uno zufolge bis zu 300 Millionen Bauern bald von Wasserknappheit betroffen sein. Doch die Bauern in Tibet sind sich der Situation nicht bewusst. "Der Winter war schwer, wir hatten sehr viel Schnee", sagt Quesan, Dorfvorsteher von Hamu am Ufer des Sees Yamdrok-So. "Die Menschen hier haben nur winzige Stücke Land und wenig Vieh." Dass die Menschheit die Natur bedroht, kann er sich nicht vorstellen, leben doch die Bewohner seines Dorfes seit Jahrhunderten so wie heute. "Hier zerstört niemand etwas", sagt der Mann.

Auch der Hirte Tunju erinnert sich lediglich daran, dass es in diesem Jahr viel Schnee gab. "Man konnte zu Fuß über den See", sagt der Mann, der 100 Schafe für sieben Yuan am Tag (etwa 70 Cent) hütet. Und auch die junge Deji Cuonu, die am Fuß des Nojin Kangtsang Gletschers lebt, hat von Klimawandel noch nichts gehört. "Mir ist nur aufgefallen, dass es in letzter Zeit viel geschneit hat."



[ 本帖最后由 fussfun 于 2007-4-9 09:46 编辑 ]
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Im sogenannten Lissabon-Protokoll hatten sich alle OECD-Länder verpflichtet, bis zum Jahr 2010 drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für F&E auszugeben. Eine neue "Hightech-Initiative" der Bundesregierung soll dies nun für Deutschland sicherstellen - mit einem Gesamtetat von rund 15 Milliarden Euro. Das klingt nach sehr viel Geld. Doch nur sechs Milliarden werden tatsächlich als zusätzliche Investition in F&E fließen, die übrigen neun Milliarden sind Umbuchungen aus bereits existierenden Fördertöpfen. Die Forschungsergebnisse, die damit auch ohne das neue Programm erzielt worden wären, erhalten dann ein neues Etikett als "Resultat der Hightech-Initiative".

Zudem läuft das Programm über vier Jahre - per anno bleiben so mit nur 1,5 Milliarden Euro an Mehrausgaben. Das ist immer noch eine sehr beachtliche Summe. Doch für das Lissabon-Ziel müssten Staat und Wirtschaft pro Jahr insgesamt rund elf Milliarden Euro mehr als bisher in F&E investieren.

Gab die öffentliche Hand in Deutschland vor zehn Jahren noch gut zwanzig Prozent mehr für F&E aus als der Schnitt der übrigen OECD-Länder, so ist das staatliche Engagement hier in den vergangenen Jahren leider stark zurückgefallen - und liegt inzwischen unter dem OECD-Durchschnitt.

Die internen Ausgaben der Wirtschaft für F&E stagnieren seit Jahren und liegen nur noch bei der Hälfte dessen, was etwa die Industrie in den skandinavischen Ländern investiert.

Doch Fachleute auf diesem Gebiet, die strukturpolitische Maßnahmen an ihren Zielen messen und nicht auf die Finanztöpfe schielen, die dafür aufgemacht werden, halten diese Entwicklungen nicht für dramatisch. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln, findet es zum Beispiel nicht so wichtig, abstrakte Zielwerte zu erreichen. Für ihn ist maßgeblich, dass Forscher "größtmögliche Freiräume finden, großzügige Handlungsrahmen und maximale Flexibilität".


These 3: Die Forschungsetats stagnieren. Aber Geld ist nicht alles. Genauso wichtig sind Originalität und Engagement der Wissenschaftler, die Effizienz ihrer Organisation.


Erfreulicherweise nimmt die deutsche Wissenschaft auf etlichen Gebieten eine Spitzenstellung ein. Das lässt sich zum Beispiel an der Zahl der Publikationen und an der Häufigkeit, mit der die Veröffentlichungen zitiert werden, messen. Hier zeigt die Statistik überproportionale Ergebnisse für die deutsche F&E auf den Gebieten Physik, Ingenieurwissenschaften und Biologie. Schon im Jahr 2004 konzedierte das international renommierte Wissenschaftsfachblatt Nature der deutschen Wissenschaft in den vergangenen 20 Jahren eine erfolgreiche Aufholjagd, die sie heute im EU-Vergleich fast auf das gleiche Leistungsniveau wie die britische bringt.

Der aktuelle "Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands" sieht in den vergangenen Jahren "einen schnell steigenden Bekanntheitsgrad wissenschaftlicher Publikationen". Er stellt fest, "dass es deutschen Wissenschaftlern immer besser gelingt, in häufig zitierten Zeitschriften zu publizieren und am internationalen Wissensaustausch teilzunehmen. Das allein ist schon ein Gütesiegel." Mit anderen Worten: Obwohl deutsche Forscher relativ betrachtet mit weniger Geld auskommen müssen als etwa ihre Kollegen andernorts, haben sie an etlichen Stellen einen wissenschaftlichen Vorsprung erarbeitet. Sie haben effizienter und produktiver geforscht und entwickelt, vielleicht auch raffinierter. Auf alle Fälle haben sie sich erfolgreich auf Themen mit hoher internationaler Relevanz fokussiert.

Die F&E-Institutionen, von denen hier die Rede ist, haben außerdem eine neue Rolle eingenommen: Anders als in früheren Epochen, in denen die Wissenschaftler nur für ihresgleichen forschten, ihre Arbeit ausschließlich am Rahmen der eigenen Zirkel orientierten, verstehen sich heute viele Forscher als Teil einer größeren Wertschöpfungskette.

"Natürlich muss ich meine Fragestellungen, meine Hypothesen und Experimente zunächst aus dem wissenschaftlichen Kontext ableiten und sie auf den reinen Erkenntnis - gewinn ausrichten", sagt zum Beispiel Wieland Huttner, Direktor am Dresdner Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik. "Im nächsten Schritt muss ich jedoch dafür sorgen, dass meine gewonnenen Erkenntnisse auch einer Nutzung zugeführt werden. Damit steigere ich ihren Wert und gebe der Gesellschaft, die meine Forschung schließlich zum großen Teil finanziert und ihr den Rahmen gibt, deutlich mehr zurück, als wenn ich nur abstraktes Wissen ansammle."

Huttner erforscht die genetischen Grundlagen von Morbus Alzheimer und von anderen sogenannten degenerativen Erkrankungen des Gehirns. Sein Ziel ist die Früherkennung, die Prävention und die bessere Behandlung dieser Geißeln der immer älter werdenden Gesellschaften. Dabei versteht er sich nicht als potenzieller Arzneimittelentwickler. Wohl aber als Stichwortgeber und Richtungsweiser für die Pharmaindustrie und die klinische Medizin.

Ottmar Wiestler, seit 2004 wissenschaftlicher Vorstand am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg, sieht das ganz ähnlich. Er hat deshalb den Ansatz seiner Großforschungseinrichtung um ein Programm für "Translationale Forschung" erweitert. Also zur Übersetzung, zur Übertragung der komplexen Erkenntnisse aus Genetik, Molekularbiologie, Immunologie, Biophysik etc. in klinische Medizin, in Geräteentwicklung, in konkrete Maßnahmen zur Diagnostik, Therapie und Prävention von Krebs. Im neuen Nationalen Tumorzentrum, einem Joint Venture des DKFZ, der Heidelberger Unikliniken und der Deutschen Krebshilfe, gibt es eine eigene Abteilung für Translationale Medizin.

Die Helmholtz-Gemeinschaft hat diesen Ansatz zur "Translationalen Forschung" aufgegriffen und bereits in vier ihrer 15 Zentren fest als Forschungsziel verankert.

Die bereits erwähnte Wertschöpfungskette reicht über deutlich größere Spannen als bisherige Modelle. Sie verknüpft die intellektuelle und empirische Leistung von Forschung und Entwicklung mit der Güterproduktion sowie mit Dienstleistungen. Daraus entsteht eine Art "vertikale Vernetzung" - aus der Tiefe der Grundlagenforschung bis in die Produkt- und Prozessentwicklung. Diese vertikale Vernetzung setzt freilich voraus, dass beide Seiten, Wissenschaft wie Wirtschaft, ihre jeweilige Rolle erkennen und aktiv ausfüllen.
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Selbst bei Großexperimenten, wenn etwa im Fusionsreaktor des Garchinger Instituts für Plasmaphysik (IPP) ein elektrisch hoch aufgeladenes Gas mit Hilfe eines Magnetfeldes auf mehrere Millionen Grad Celsius aufgeheizt wird, so dass die Atomkerne wie im Innern der Sonne verschmelzen, dann bekommt man dieses galaktische Glühen nur in der Form von abstrakten Messwerten mit. Niemand kann das Fusionsfeuer sehen, niemand kann dessen Zündung hören, niemand dessen Rückstände riechen. Nicht einmal die Wissenschaftler, die es entfacht haben, nicht einmal die vielen hundert Techniker und Assistenten, die es vorbereitet und möglich gemacht haben. Und erst recht nicht die Politiker, die jahrzehntelang dafür sorgen, dass Milliardenbeträge in diese Experimente fließen.

Der Reaktor steht weiträumig abgeschirmt in einem "Kontrollbereich", der während der Experimente evakuiert wird. Ultrastarke Magnetfelder halten das glühende Plasma von den Innenwänden des Reaktors fern. Nur einige Sensoren, fernab vom heißen Plasma eingebaut, registrieren, ob, wann und wie schnell die Atomkerne verschmelzen.

Noch brennt das Sonnenfeuer von Garching bei den Experimenten immer nur für wenige Sekunden. Dereinst, vielleicht in fünfzig Jahren, sollen aber Fusionsreaktoren im Dauerbetrieb laufen. Und ganz gefahrlos umweltfreundlichen Strom liefern.


These 1: Die deutsche Forschung ist besser als ihr Ruf. Außerhalb der Labors kriegt jedoch kaum jemand etwas davon mit.

So abstrakt wie beim Erforschen und Entwickeln von Plasmareaktoren geht es heute in sehr vielen Zweigen der Wissenschaft zu. Die Spitzenforschung ist deshalb weitgehend aus der öffentlichen Wahrnehmung herausgefallen.

Das ist zum einen bedauerlich. Zum andern mindestens fahrlässig, wenn nicht sogar verblendet oder gar fatal. Denn dummerweise gewinnt die Forschung im ähnlichen Maß an gesellschaftlicher und ökonomischer Bedeutung, wie sie zugleich ihre sinnlichen Qualitäten verliert.


Vor allem in den Bereichen der Hoch- und Spitzentechnologien - jenem Wirtschaftszweig mit den höchsten Innovationsstufen, den am weitesten in die Zukunft reichenden Entwicklungen - spielt die Forschung als Quelle der Wertschöpfung eine immer größere Rolle.

"Innovation" heißt das Zauberwort. Seine Umsetzung führt zu neuartigen Waren und Dienstleistungen, die nicht nur einen Fortschritt im Labor markieren, sondern obendrein auf dem Markt erfolgreich sind.

Leider hat der Begriff "Innovation" in den vergangenen Jahren eine starke Abnutzung erfahren. Zu viele Funktionäre und Politiker haben die Vokabel willig und in unzähligen Sonntagsreden, Broschüren und Pressemeldungen missbraucht, die Forderung nach Innovation breit getreten und so weit inflationiert, dass das Schlagwort nur noch zum Schlagen des Schaums taugt, mit dem gutgläubige Steuerzahler eingeseift werden, wenn wieder ein paar Milliarden in vorgebliche Strukturförderungsmaßnahmen versenkt werden sollen, die dann viel zu oft wirkungslos verpuffen.:gawp:

These 2: Forschung, Entwicklung und daraus abgeleitete Hochtechnologien sind auf Dauer die einzigen Ressourcen, mit denen ein Hochlohnland wie Deutschland, das über keine nennenswerten natürlichen Rohstoffe verfügt, seine herausgehobene Stellung unter den führenden Wirtschaftsnationen behaupten kann.


Für Volkswirtschaften wie die deutsche mit einem hohen Anteil an Spitzen- und Hochtechnologien und sogenannten wissensintensiven Industrien und Dienstleistungen birgt die Suche nach neuen, auf dem Markt erfolgreichen Technologien enormes Potenzial. Denn unter dem heutigen Wettbewerbsdruck einer globalisierten Wirtschaft können völlig neuartige Produkte nur in Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen entstehen, die es zum Prinzip erkoren haben, ständig neue Erkenntnisse zu generieren, bisher Unvorstellbares zu entdecken, ungewöhnliche Zusammenhänge herauszufinden.

Im besten Fall können solche neu entwickelten Produkte sogar neue Märkte schaffen, auf denen die Anbieter der innovativen Produkte dann eine Monopolstellung haben. Oder sie verhelfen zu Vorsprüngen, die der Wettbewerb nicht ohne weiteres aufholen kann - selbst dann nicht, wenn er vielleicht auf anderen Gebieten Vorzüglichkeiten aufweisen kann. Etwa bei der Rohstoff- oder Halbzeugbeschaffung, den Lohn- und Lohnnebenkosten sowie bei allen übrigen Posten der Produktionskalkulation, bei denen Schwellenländer wie China, Indien, Mexiko oder Brasilien unbestreitbare Vorteile haben.


Oder es geht gleich um den Handel mit Wissensprodukten, also um den Verkauf von Patenten oder Lizenzen, von Software zur Steuerung etwa von Produktionsprozessen, von Rezepturen, Bau- oder Konstruktionsplänen.

Für die deutsche Wirtschaft mit ihren im internationalen Vergleich hohen Löhnen und Sozialabgaben ist dieser Zweig innovativer Technologien auf lange Sicht die einzige Produktivkraft und das einzige Produktionsmittel, das ihr die Zugehörigkeit zu den größten und wichtigsten Volkswirtschaften der Welt sichern kann. Seit dem Ende des Kohlezeitalters gibt es hierzulande keine nennenswerten Mengen "natürlicher" Rohstoffe, und die Produktion und der Vertrieb von etablierten Massenprodukten lässt sich andernorts weitaus profitabler organisieren.

Die Erkenntnis von der Notwendigkeit einer Spitzenforschung und Technologieentwicklung ist erfreulich weit verbreitet. Sie hat sich - trotz des vergleichsweise schwachen Eindrucks, den Forschung und Entwicklung (F&E) in der öffentlichen Wahrnehmung hinterlassen - auch schon streckenweise niedergeschlagen. Die Bundesregierung hat zum Beispiel in den vergangenen Jahren eine breit angelegte "Hightech-Initiative" gestartet. Diese kann auf eine differenzierte, diversifizierte und produktive Szene von F&E-Institutionen zurückgreifen.

In Deutschland wurden in den vergangenen Jahren jeweils deutlich über 50 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung ausgegeben, zuletzt 63 Milliarden Euro, knapp 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Knapp ein Drittel dieser Summe stammt aus der öffentlichen Hand, der Rest aus der Wirtschaft.

Im internationalen Vergleich ist diese stattliche Summe jedoch keineswegs rekordverdächtig. In Relation zu ihrem Bruttoinlandsprodukt investieren andere Nationen mehr in F&E: Schweden zum Beispiel bis zu 4,3 Prozent, Finnland 3,5 Prozent, Japan 3,1 Prozent und die USA 2,7 Prozent. Hinter diesen scheinbar geringen und kaum differierenden Prozentsätzen verbergen sich jedoch Beträge von etlichen Milliarden Euro - Jahr für Jahr.
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Wie Deutschland im globalen Wettstreit siegen kann (Spiegel on line)

Im immer härteren globalen Wettbewerb ist die Forschung Deutschlands einzige Chance. Die gute Nachricht: Deutsche Wissenschaftler sind viel besser als ihr Ruf. Nur werden sie in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen und verstanden - und das könnte sich als fatal erweisen.


Der Fortschritt kommt auf leisen Sohlen. Was früher lärmte, stank und so sehr rüttelte und schüttelte, dass massive Gebäude bis in ihre Grundmauern erschüttert wurden, findet heute nahe zu laut- und geruchlos statt, austariert und gedämpft, kontrolliert und gesteuert von unsichtbaren Computern.

Vergleicht man beispielsweise das Labor der Augsburger Maschinenfabrik, wo Rudolf Diesel am Ende des 19. Jahrhunderts den selbstzündenden Verbrennungsmotor erfand, mit der Stätte, an der das menschliche Genom entziffert wurde - es liegen nicht mehr, aber auch nicht weniger als 110 Jahre dazwischen.

In Diesels Labor roch es nach Schweröl, Abgas, heißem Metall und durchgebrannten Dichtungen. Wenn der einzylindrige Motor lief - was zumindest anfangs nicht allzu häufig gelang -, dann glich jede Zündung einer Detonation. Selbstredend hatte der Auspuff der Versuchsanlage keinen Schalldämpfer. Natürlich entwichen die heißen Verbrennungsgase den nur schlecht gesteuerten Ventilen mit einem Knall und einer Druckwelle, die dem krachenden Schuss einer Arkebuse nicht unähnlich gewesen sein dürfte, und jeder Stoß auf Kolben, Pleuel und Kurbelwelle riss an der Verankerung des Motors und ließ den Boden erzittern. Der Aufenthalt in der Nähe der laufenden Maschine war auch ohne Störfälle höchst gesundheitsschädlich, und lebensgefährlich bei einer Havarie.

Die heutige Forschung ist, was ihre Ergebnisse und deren Auswirkungen auf unser aller Leben anbelangt, kaum weniger spektakulär als das, was unsere tollkühnen Vorfahren in ihren lärmenden und stinkenden Werkstätten am Beginn des technologischen Zeitalters zuwege brachten. Nur sehen die Wirkungsstätten der heutigen Forscher ganz anders aus. Etwa das Labor der US-Firma Celera in Bethesda, Maryland, in dem der Arzt und Lebenswissenschaftler Craig Venter das menschliche Genom entzifferte: Einige Dutzend Laborroboter - weiße Blechquader im Format eines größeren Kühlschranks mit abegrundeten Oberkanten und einer Glasscheibe vor dem oberen Drittel der Vorderfront - stehen dort in Reih und Glied.

Auf den Flachbildschirmen, die auf den Kästen stehen, zucken blaue, gelbe, rote und grüne Farbbalken. Die gesamte Analyse läuft nahezu lautlos ab. Nur die Klimaanlage faucht kaum hörbar, die Mikropumpen der Roboter surren hinter den schallgedämpften Gehäusen leise vor sich hin. Nichts vibriert, und das indirekte Neonlicht senkt sich so gleichmäßig von der Decke, dass nirgends ein Schatten geworfen wird.

In diesem für Laien völlig reizlosen Ambiente gelang es, die Abfolge der drei Milliarden Buchstaben des menschlichen Gen-Codes in weniger als zwei Jahren zu entziffern. Eine Arbeit, die ohne die Roboter wahrscheinlich etliche Jahrzehnte gedauert hätte - sofern sie überhaupt gelungen wäre. Eine gigantische Leistung, die vermutlich nur deshalb noch nicht mit dem Nobelpreis geehrt wurde, weil sie von hässlichen Eifersüchteleien unter konkurrierenden Forschungsteams begleitet wurde. Am Ende musste der damalige US-Präsident Bill Clinton die Streitigkeiten beenden und ein Unentschieden im Wettbewerb um die Erstveröffentlichung des menschlichen Genoms verkünden.

Natürlich kommt nicht jeder Forschungszweig so unsinnlich daher. Noch immer finden Experimente an und mit Tieren statt, so dass es in den entsprechenden Laboren nach Mäusen, Meerschweinchen oder Menschenaffen riecht. Selbstverständlich werden auch heute noch Flugzeug- oder Raketentriebwerke erprobt, was einen Höllenlärm verursacht. (Dieser dröhnt gleichwohl nur innerhalb des Versuchsstandes. Nach außen sind die Gebäude sorgsam abgeschirmt.) Noch immer gibt es spektakuläre Crashtests mit Autos, Eisenbahnen oder Flugzeugen, bei denen die Fetzen fliegen.

Doch solche Experimente sind schon sehr praxisnah - und somit vergleichsweise trivial. Die Grundlagenforschung hingegen ist in aller Regel für Außenstehende wenig anschaulich und daher nur schwer nachvollziehbar, geschweige denn verständlich.
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Hintergrund Info über Neandertaler(Wikipedia)

Der Neandertaler (früher auch: Neanderthaler; Homo neanderthalensis) ist ein ausgestorbener Verwandter des heutigen Menschen aus der Gattung Homo. Neben der verbreiteten Bezeichnung Homo neanderthalensis, die den Neandertaler als eigene Art ansieht, gibt es noch das Synonym Homo sapiens neanderthalensis, das den Neandertaler als weitere Unterart von Homo sapiens in eine engere Verwandtschaft zum modernen Menschen stellt, der dann auch als Homo sapiens sapiens bezeichnet wird. Nach auf DNA-Analysen beruhenden Studien ist der Neandertaler kein direkter Vorfahr des heutigen Menschen.


Die Bezeichnung „Neandertaler“ geht auf das Neandertal, einen zwischen den Städten Erkrath und Mettmann gelegenen Talabschnitt der Düssel zurück. Das Neandertal selbst ist seit dem 19. Jahrhundert nach dem Düsseldorfer Kirchenlieddichter Joachim Neander (1650-1680) benannt, da dieser gerne in dem damals noch wildromantischen Tal spazieren ging....


http://de.wikipedia.org/wiki/Neandertaler
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Moderner Frühmensch in China entdeckt(Spiegel on line)

In China sind die Überreste eines etwa 40.000 Jahre alten menschlichen Skeletts entdeckt worden. Forscher fragen sich nun, wie der Mensch dort hinkam - und ob er sich nicht doch unterwegs mit dem Neandertaler gepaart hat. Der Fund gibt einem alten Streit neue Nahrung.

Erik Trinkaus kann es nicht lassen. Mit schöner Regelmäßigkeit tritt der Paläo-Anthropologe von der Washington University in St. Louis auf die wissenschaftliche Weltbühne und verkündet, jetzt aber wirklich definitiv den Beleg für seine These gefunden zu haben: dass der sogenannte moderne Mensch und der Neandertaler sich einst nicht nur getroffen haben, sondern miteinander auch noch ins Bett, vulgo ins Höhlen-Lager gestiegen sind. Dass im heutigen Menschen also ein Stückchen Neandertaler steckt.

Heute präsentiert Trinkaus gemeinsam mit Kollegen aus China einen Fund, der diese unter Anthropologen höchst umstrittene Ansicht erneut untermauern soll: Das chinesisch-amerikanische Forscherteam hat ein rund 40.000 Jahre alten Skelett untersucht, das sowohl Merkmale von modernen Menschen als auch solche seiner Vorfahren aufweist. Trinkaus folgert, wie immer: Die modernen Menschen haben während ihrer Auswanderung aus Afrika ihre urmenschlichen Vorfahren nicht verdrängt, sondern vermischten sich mit ihnen.

Das Team hatte 2003 bis 2004 34 zu einem menschlichen Skelett gehörende Knochen in der Tianyuan-Ausgrabungsstätte südwestlich von Peking freigelegt. Wie Untersuchungen mit der Radiokarbonmethode ergaben, sind die Überreste 42.500 bis 39.000 Jahre alt. Damit gehören sie zu einem der ältesten bekannten menschlichen Skelette in Ostasien, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift "PNAS". Aus den Abnutzungserscheinungen der Backenzähne schließen sie, dass der Urmensch im Alter von 50 bis 60 Jahren gestorben ist.

Das Tianyuan-Skelett teilt viele anatomische Merkmale mit heutigen Menschen. Doch laut Trinkaus und seinen Kollegen weisen einige Proportionen darauf hin, dass es sich bei diesem Skelett um einen Mischling von Urmensch und modernem Menschen handeln könnte. So ähnelten etwa die Zahnstellung und andere Knochenmerkmale denen der späten Urmenschen, von denen der Neandertaler der bekannteste ist. Der Fund deute damit auf die Vermischung von modernen Menschen und Urmenschen hin.

Die Interpretation ist nicht überraschend - und wird unter Trinkaus' Kollegen wohl erneut heftige Diskussionen auslösen. Die meisten von ihnen sind nämlich der Meinung, dass der moderne Mensch aus Afrika nach Europa eingewandert ist, und sich von dort aus weiter über die Welt verbreitet hat. Den Neandertaler, so die vorherrschende Lehrmeinung, habe der Homo sapiens in Europa verdrängt, statt sich mit ihm zu paaren.

[ 本帖最后由 fussfun 于 2007-4-5 11:29 编辑 ]
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原帖由 阿走 于 2007-4-4 08:59 发表
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,475403,00.html

Das Ende des Nagelhauses

Von Andreas Lorenz, Peking

Einsam stand das Haus in einer riesigen Baugrube, auf einem Erdhaufen, der wie  ...

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Das Ende des Nagelhauses

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,475403,00.html

Das Ende des Nagelhauses

Von Andreas Lorenz, Peking

Einsam stand das Haus in einer riesigen Baugrube, auf einem Erdhaufen, der wie ein Stummelzahn empor ragte. Drei Jahre hatten Wu Ping und ihr Mann Yang Wu hier ausgeharrt - den chinesischen Behörden und ihrer Bauwut zum Trotz. Heute Morgen kam nun das Ende: Bulldozer rissen das Haus ein.

Peking - Ganz China hat über Tage gespannt auf die Yangtse-Metropole Chongqing geschaut. Dort, im Zentrum der Stadt, fand ein Schauspiel statt, das ein für das Land einzigartiges Medieninteresse weckte. Im Mittelpunkt stand das sogenannte "Nagelhaus". So nennt der Volksmund Gebäude, die einem Bauprojekt im Wege stehen, weil die Anwohner nicht weichen wollen. In solchen Fällen sorgen in der Regel nächtliche Rollkommandos der Unternehmer oder der Polizei dafür, dass die Widerspenstigen das Feld räumen - vielfach mit blutigen Köpfen.

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Foto: SPIEGEL TV
Video: SPIEGEL TV
Doch nicht so in Chongqing: Dort schafften es Wu Ping, eine energische Kauffrau mit aufgestecktem Haar und ihr Mann Yang Wu, ein früherer Boxer, ihren Besitz lange Zeit vor dem Abriss zu schützen. Das nicht gerade ansehnliche zweistöckige ehemalige Restaurant stand zuletzt einsam in einer riesigen Baugrube auf einem Erdhaufen, der wie ein Stummelzahn empor ragte.

Heute im frühen Morgengrauen war es vorbei: Bulldozer rückten an und machten das Gebäude dem Erdboden gleich.

Nach drei Jahren Widerstand: Der Abriss des Nagelhauses

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Das schillernde Ehepaar hatte mit seiner Hartnäckigkeit die Sympathien von Millionen Landsleuten gewonnen. Beide weigerten sich seit drei Jahren, ihr Haus aufzugeben, weil sie nach ihrer Ansicht für den Verlust nicht hinreichend entschädigt werden sollten.

Mögliche Entschädigung

Yang, der alte Kämpfer, hielt im Nagelhaus aus und schwenkte auf dem Dach unter dem Applaus der Schaulustigen ab und an die chinesische Flagge, Frau Wu unterrichtete eloquent in- und ausländische Journalisten. Die Baufirma, an der ein staatlicher Verlag beteiligt ist, fuhr, wie sie glaubhaft versicherte, mit jedem Tag Verzögerung Riesenverluste ein.

Das Gericht hatte dem Paar schließlich eine Räumungsfrist bis zum 10. April gesetzt. Gleichwohl einigten sich die Streithähne gestern abend offenbar. Die Immobilienfirma stellt ein gleichwertiges Haus zur Verfügung, wie es heißt. Einzelheiten wurden bislang nicht bekannt, denn die redselige Frau Wu schweigt plötzlich wie ein Grab.

Der Konflikt war aus vielerlei Gründen spannend: Er zeigte unter anderem, dass im autoritären China mancherorts Widerstand möglich ist, wenn man es nur geschickt anstellt.

Die Einigung in Chongqing dürfte für viele Opfer des chinesischen Bau-Booms ein Signal sein, sich ebenfalls zu wehren. Denn viele Bürger fühlen sich als Opfer skrupelloser Immobilienhaie, die nicht selten mit den Funktionären unter einer Decke stecken und versuchen, Anwohner mit lächerlichen Entschädigungen abzuspeisen. Dies ist die Ursache für unzählige Demonstrationen und Beschwerden.

Neuer "Bürger-Journalismus"

Erst kürzlich hatte die KP ein neues Eigentumsgesetz verabschieden lassen, das heftige Diskussionen und große Hoffnung auslöst. Beschwerdeführer aus dem ganzen Land reisten bis gestern nach Chongqing, weil sie die Aufmerksamkeit der Medien auch auf ihren Fall richten wollten.

Nachdem die örtlichen Zensurbehörden ihr Verbot, über die Affäre zu berichten, aufgehoben hatten, berichteten sogar die staatlich gelenkten Zeitungen und Magazine, mitunter auf der Titelseite, über das Nagelhaus von Chongqing.

Im Internet erschienen Karikaturen, Fotos, Videofilme unabhängiger Journalisten und Blogger (einer mit dem Namen "Der nackte Lakai"). Die Zahl der Klicks ging in die Millionen. Eine Webseite sah gar einen neuen "Bürger-Journalismus" entstehen.

Die Bewegung um das Nagelhaus war so stark, dass die "Chinesische Jugendzeitung" den Journalisten-Kollegen "Einseitigkeit" vorwarf, sie ermahnte, die "Unparteilichkeit" zu wahren, und die "Öffentlichkeit nicht irrezuführen" - was für ein Parteiblatt eine erstaunliche Bemerkung war.

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