Envy or Admiration another?

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,571129,00.htmlOLYMPIA-ERÖFFNUNGSFEIER
TV-Mitarbeiter gesteht Manipulation von Live-Bildern

Von Stephan Orth

Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele hat bewiesen: Kaum eine Nation kann mit Feuerwerkskörpern so imposante Spektakel inszenieren wie China. Doch jetzt hat ein Mitarbeiter des Künstlerteams zugegeben, dass ein Teil der Live-Farbspiele im Fernsehen manipuliert wurde.

Imagepolitur mit opulenter Megashow: Mit einem nie dagewesenen Spektakel verblüffte die Pekinger Olympia-Eröffnungsfeier (mehr...) am Freitag Fernsehzuschauer und Kritiker. "Fantastisch - zu fantastisch" fand das die italienische Tageszeitung "La Repubblica", und der britische "Independent" bekannte: "Es ist schwer, wenn nicht unmöglich zu bestreiten: Das war die größte Show, die die Welt je gesehen hat."
Dass sich die staatlichen chinesischen Medien vor Lob überschlugen, versteht sich von selbst. "Diese außergewöhnliche Nacht in Peking wird zu einem wichtigen Kapitel in der Geschichte der zivilisierten Welt werden", brachte die "People's Daily" die Stimmung im Land auf den Punkt. Vernebelt vom nationalistischen Freudentaumel behauptete die englischsprachige Internetseite der Agentur Xinhua in ihrem Aufmachertext gar, dass 40 Milliarden Fernsehzuschauer (Erdbevölkerung aktuell: 6,7 Milliarden) das Ereignis verfolgt hätten.

Jetzt fand die Zeitung "Beijing Shibao" doch noch das Haar in der Suppe: Das Feuerwerk, diese Kunstform mit so großer Tradition in China, war gefälscht. Zumindest ein Teil davon. Ein Angestellter der Video-Produktionsfirma "Shui Jing Shi" gab gegenüber dem Blatt zu, dass man einen Teil der spektakulären Feuerwerke zuvor aufgezeichnet und in die weltweiten Live-Übertragungen eingespielt habe.
Es handelt sich dabei um die Bilder von den "Fußabdrücken" im Himmel über der Stadt, die sich vom Stadtteil Yongdingmen südlich des Stadtzentrums auf das Stadion im Norden "zubewegten". Mehr als ein Jahr lang seien diese Sequenzen mit Computeranimation vorbereitet worden. Nur die Übertragung des letzten der 29 Fußstapfen sei live gewesen, wie der Video-Mitarbeiter Gao Xiaolong der Zeitung berichtete. Die Zahl 29 stand dabei für die Tatsache, dass die Olympischen Spiele der Neuzeit zum 29. Mal stattfinden.

"Die meisten dachten, es sei echt"

Gründe für die Entscheidung, aufgezeichnete Bilder zu senden, seien Schwierigkeiten bei den Filmaufnahmen am Eröffnungsabend wegen Flugeinschränkungen und zeitliche Probleme gewesen. Mit verschiedenen Tricks, wie der Zublendung von Nebel, seien die von Juni 2007 bis Juli 2008 entstandenen Aufnahmen manipuliert worden. "Wenn ich es mir heute anschaue, war das Video ein wenig heller als die echten Aufnahmen", gab der Mitarbeiter zu. "Aber die meisten Zuschauer dachten, es sei echt - damit hat unsere Arbeit ihren Zweck erfüllt."

Der Begeisterung und dem Stolz der Menschen im Gastgeberland dürfte der kleine Schummeltrick wenig anhaben. Die Zeremonie erreichte in China laut dem IOC eine Zuschauerquote von 83,6 Prozent. Zeitweise verfolgten bis zu 840 Millionen Chinesen die spektakuläre Show. In Deutschland sahen am Freitag durchschnittlich 7,72 Millionen die mehr als vierstündige Live-Übertragung (mehr...) aus Peking, das war ein Marktanteil von 52,3 Prozent. Weltweit sollen bis zu vier Milliarden Fernsehzuschauer das Ereignis verfolgt haben.

Ärger um manipulierte Fernsehbilder gibt es auch in den USA: Nicht nur hatte der Fernsehsender NBC anders als die weltweite Konkurrenz die Übertragung um zwölf Stunden nach hinten versetzt, um nicht im quotenschwachen Vormittagsprogramm zu landen. Jetzt werfen Zuschauer dem Sender außerdem vor, die Reihenfolge der einmarschierenden Nationen manipuliert zu haben. Die Ankunft des amerikanischen Teams sei nach hinten geschnitten worden, um die Zuschauer am Bildschirm zu halten, behaupten Blogger im Internet. Der Sender hatte 894 Millionen US-Dollar für die Exklusivrechte gezahlt.
Vor Beginn der Olympischen Spiele waren Details über die Eröffnungsfeier unter Verschluss gehalten worden, als gehe es um ein geheimes Atomwaffenprogramm. Die etwa 14.000 beteiligten Darsteller, Tänzer und Musiker mussten schriftlich bestätigen, nichts zu verraten, bis zu siebenjährige Gefängnisstrafen drohten bei einem Verstoß. Als ein koreanisches Kamerateam sich bei einer Generalprobe ins "Vogelnest"-Stadion schlich und Bilder davon ausstrahlte, war die Empörung in China groß, gegen den Privatsender SBS läuft ein Ermittlungsverfahren.
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