[国际新闻] 中国如何向俾斯麦学习

王赛男(音)把自己的养老金寄托在儿子将来能找到一份好工作的希望上。这位来自中国安徽省的妇女在北京当保姆,丈夫给人做木工活。夫妇俩省吃俭用,把存起来的钱用来在家乡盖房子。“房子快完工了,”王女士说。1 {6 F) T3 k( @( J( c3 _  ^% i1 w
  可是,她儿子不久就要上一所更好的学校。王女士知道,将来儿子的学费会花不少钱。她和丈夫都没养老金。在中国,几乎所有农民都这样。迄今,中国的社会保障体系的建设只限于城市。即便在城里,也有许多人没有自己的养老金。" T' M- N: Y3 N* a' P
  在过去20年里,全世界摆脱贫困的人口当中有3/4是中国人,这是世界银行也给予肯定的成绩。但中国目前也是世界上贫富差距最大的国家之一,富人的财富增长速度远远高于经济增长速度。自进行市场经济改革后,旧的社会保障体系已经解体,而新的社保制度却没完全建立起来。中国人必须自己担负看病和子女教育费用,许多人生病也不愿上医院。“医疗领域现在是一大问题,”德国驻华使馆社会事务专员埃尔里希说。csuchen.de  b$ h2 ~4 }; V  W% S1 c$ P
  中国面临的最大挑战是在市场和社会保障之间找到平衡。目前困境是,一方面,如果不保持经济高速增长和制造新工作机会就无法处理社会问题;另一方面,农村存在大量贫困人口,他们是潜在就业大军。据估计,今后20年,中国至少有3亿农村劳动力要到工业和服务业就业。
' E+ h5 @% W- g- b7 J  在建设社会保障立法和制度上,中国广泛向西方国家取经,不断派代表团到德国、北欧和东欧国家,学习那里的建设社会保障体制的经验。
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  “德国的社会保障模式虽不可移植到别国,”经济学教授汉斯·勒斯纳说,“但它的将市场经济与社会公平相结合的基本思想可在全世界推广。”这同样适用于中国。
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2 f! {. U( J3 v3 Y3 I! h/ d  ^  中国现在倡导和谐,力图纠正迄今为止破坏环境、浪费资源和使社会两极化的状况。在这种背景下,德国“经济奇迹”时代的联邦总理艾哈德有关“社会市场经济”的思想常出现在学者辩论中。它可能对中国建立社会保障体系具有启发性。   f' u, S% y* H1 L

. a! p2 F5 |" }  k人在德国 社区  不过,就建立社会保障体系而言,中国不仅可借鉴艾哈德的思想,而且能师从19世纪德意志宰相俾斯麦。后者将威权统治与进步的社会政策相结合。这种模式似乎更适合21世纪的中国。

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6 s  w" u7 W$ L& e3 e/ J3 m  D) ?2 l0 `人在德国 社区 Kaum Altersvorsorge: Arbeiterinnen in einer chinesischen Spielzeugfabrik2 d: m  @& K5 F/ z$ B2 k' M- d
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In die Lehre bei Bismarck
" v5 B& V6 p( l* `. ]6 L2 D* ZChinas Regierung fordert, dass die Bürger für sich selbst sorgen. Um Unruhen zu verhindern, bauen die Chinesen gleichzeitig aber auch ein neues Sozialsystem auf. Ihre Vorbilder sind Ludwig Erhard und Otto von Bismarck5 A; M) `* |" B( B, _  m  v2 `
Die Altersvorsorge von Wang Sainan besteht aus ein paar Steinen und der Hoffnung, dass ihr Sohn einen guten Job findet. Die Frau aus der chinesischen Inlandsprovinz Anhui arbeitet als Kindermädchen in Peking. Ihr Mann schlägt sich dort als Schreiner mit Gelegenheitsjobs durch. Jeden Yuan, der übrig bleibt, steckt das Paar in den Bau eines Hauses in ihrem Heimatdorf. Das ist fast fertig. "Gerade rechtzeitig", sagt Wang. Denn vom Sommer an soll ihr Sohn eine bessere Schule besuchen. Sie werde ihre Ersparnisse künftig in Schulgebühren stecken müssen, weiß Wang. Immerhin habe die Dorfregierung geholfen, indem sie Land für ihre Häuser bereitstellt. Rentenansprüche haben Wang und ihr Mann nicht. Das gilt für fast alle Landbewohner Chinas. Der Aufbau des chinesischen Sozialversicherungssystems beschränkt sich bislang fast nur auf die Städte. Und selbst dort kann nicht mal jeder Zweite auf eine eigene Pension zählen. Das alte System staatlicher Rundumvorsorge zerfällt schneller, als das neue beitragsfinanzierte vorankommt.
! V8 ?! H. c0 z, j9 X. W9 d4 ADie Politik nimmt das Vakuum bei der sozialen Absicherung in Kauf. Um ihr großes Ziel zu erreichen, den Wiederaufstieg der chinesischen Nation, hat die Regierung ihren Bürgern ein hohes Maß an Eigenverantwortung auferlegt. Das Ausbügeln individueller Härten hat keine Priorität. Sozial ist in China, was der Entwicklung des Landes dient.
, m% Y1 Y0 |7 a4 j; f( m& y"Lange ging es nur um Wachstum, Wachstum, Wachstum", sagt Claus Eilrich, Sozialreferent an der deutschen Botschaft in Peking. Die Maxime hatte Erfolg. Drei Viertel aller Menschen, die in den vergangenen 20 Jahren weltweit aus absoluter Armut befreit wurden, seien Chinesen, lobt die Weltbank. Ende der 70er-Jahre war das Land am Ende. Was die Menschen noch einte, war ihre gemeinsame Armut. ( B' x- _; X  [) y- A
Dann leitet Reformpatriarch Deng Xiaoping die Öffnung ein. "Lasst einige Menschen zuerst reich werden", verkündete er und brach damit das sozialistische Gleichheitsprinzip auf. Nach und nach gewährte die Regierung dem Markt mehr Raum. Die Kommunisten legalisierten erst Bauernmärkte, dann Privatunternehmen. Sie gaben Preise frei. Ausländische Investoren begannen ihren Treck ins Riesenreich. Chinas Wirtschaftswunder nahm seinen Lauf.人在德国 社区' e( R0 ~+ t% z# f: ~" d
Noch schneller als die Wirtschaft wachsen die Einkommen der Reichen. China zählt mittlerweile zu den Ländern mit dem weltweit größten Wohlstandsgefälle. Der Ökonom Wu Jinglian sieht "ein gefährliches Niveau erreicht, das soziale Instabilität auslösen könnte".: |6 L8 f/ }( m9 y
Im Staatssektor wurden seit 1997 rund 60 Millionen Jobs gestrichen. Arbeitslosengeld erhalten nur wenige, denn das wird gerade erst eingeführt. Die offizielle Arbeitslosenquote von gut vier Prozent untertreibt die wahre Lage. So erfasst die Statistik nur Stadtbewohner und zählt die rund 150 Millionen überschüssigen Arbeitskräfte in ländlichen Gebieten gar nicht mit. Außen vor bleiben zudem jene Städter, die in die Frühpensionierung gezwungen werden. - M; W( D: G4 M$ D5 N2 C
Was früher umsonst war, können sich heute viele schlicht nicht mehr leisten. Seit der Markt das Kommando übernommen hat, müssen die Chinesen für medizinische Behandlung oder die Ausbildung ihrer Kinder tief in die eigene Tasche greifen. Viele gehen deshalb gar nicht mehr zum Arzt, mahnen Sozialwissenschaftler. "Der Gesundheitssektor ist derzeit das Hauptproblem", sagt Experte Eilrich. Der Staat hat sich dort fast komplett zurückgezogen. Krankenhäuser müssen sich selbst finanzieren, verschreiben unnötige und teure Medikamente. Selbst Versicherte müssen mehr als die Hälfte ihrer Krankheitskosten selber tragen. Mittlerweile diskutieren die Behörden, ob sie regulierend eingreifen. 0 ~# a, J; a* a7 K3 G: e  f1 h
Das Justieren zwischen Markt und Fürsorge ist die große Herausforderung für die Politiker. Ohne hohes Wachstum und neue Jobs wird das Land einerseits seine sozialen Probleme nicht in den Griff bekommen. Andererseits verarmen breite Schichten der Bevölkerung auf dem Lande. Noch immer ist fast jeder zweite Chinese in der Landwirtschaft tätig. Schätzungen zufolge müssen in den kommenden 20 Jahren mindestens 300 Millionen Landarbeitskräfte mit neuen Jobs im Industrie- und Dienstleistungssektor versorgt werden.. ~1 Y3 F2 h) c3 G% d% ~2 z' x
Beim schwierigen Aufbau seines Rechts- und Sozialsystems lässt sich China daher von einer Vielzahl ausländischer Experten beraten. So assistierten Experten der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) bei der Konzeption des Rentensystems. Regelmäßig reisen chinesische Delegationen nach Deutschland, Skandinavien oder Osteuropa, um sich dort über den Aufbau europäischer Sozialsysteme zu informieren.
8 e" Y5 s7 k+ E2 D% u1 hChina ist längst nicht das einzige Land, das sich von den sozialen Sicherungssystemen Europas inspirieren lässt. So versucht derzeit auch Vietnam, mithilfe internationaler Berater das Grundgerüst für einen modernen Sozialstaat zu schaffen. In Lateinamerika ließen sich in den 80er- und 90er-Jahren bereits Länder wie Guatemala oder Bolivien beim Aufbau sozialer Sicherungssysteme von den Ideen Erhards und Bismarcks inspirieren. "Das deutsche Modell in seiner heutigen Ausprägung ist zwar kaum übertragbar", sagt Wirtschaftsprofessor Hans Jürgen Rösner, der Schwellenländer beim Aufbau von Sozialsystemen berät. "Aber der Grundgedanke, Marktwirtschaft mit Prinzipien des sozialen Ausgleichs zu verbinden, findet weltweit immer stärker Verbreitung."5 y& @# O2 I" I. r6 y3 P
Das gilt vor allem für China, wo Parteichef Hu Jintao und Premier Wen Jiabao unter dem Schlagwort Harmonisierung wegwollen von der bisherigen "sozialistischen Marktwirtschaft", die die Umwelt zerstört, die Ressourcen plündert und die Gesellschaft polarisiert. In Debatten tauchen daher immer wieder die Vorstellungen Ludwig Erhards zur sozialen Marktwirtschaft auf. In Erhards Ideen geschulte Deutsche haben zudem dazu beigetragen, chinesische Sozialgesetze abzufassen.
7 D4 v( U# R0 h3 v( N4 t' ~% y# kFür die Umgestaltung der chinesischen Gesellschaft gibt Wirtschaftsreformer Wu Jinglian vier Entwicklungsziele vor: Durchsetzung der freien Marktwirtschaft, Demokratisierung der Gesellschaft, Verwirklichung gedanklicher und akademischer Freiheiten und Aufschwung der Mittelklasse.
# y5 s5 t5 _- a人在德国 社区Chinas Machthaber allerdings sind wohl weniger an "freiheitlich-sozialen" als an "autoritär-sozialen" marktwirtschaftlichen Lösungen interessiert. Deshalb hängen sie nicht nur den Lehren Erhards an, sondern nehmen auch Anleihen bei Reichskanzler Otto von Bismarck. Der versuchte im 19. Jahrhundert, die autoritäre Herrschaft des Adels mit einer fortschrittlichen Sozialpolitik zu verbinden und die Arbeiterklasse mit dem Kaiserreich auszusöhnen. Dieses Modell soll den Kommunisten die Herrschaft im 21. Jahrhundert sichern.