AllgemeinesDie Zeit der Weimarer Republik 1919–1933 nimmt den größeren Teil der deutschen Zwischenkriegszeit ein. Ihre Gründung war nach der Märzrevolution von 1848 der zweite (und erste erfolgreiche) Versuch, eine liberale Demokratie in Deutschland zu etablieren. Sie scheiterte mit der Machtübernahme durch die NSDAP, die eine totalitäre Diktatur errichtete. Die schon unter Zeitgenossen verbreitete These, der Staat von Weimar sei eine „Demokratie ohne Demokraten“ gewesen, ist nur bedingt richtig, weist aber auf ein wesentliches Strukturproblem hin: Es gab keinen tragfähigen Verfassungskonsens, der alle Teile des politischen Spektrums von rechts bis links eingebunden hätte. Vom Kaiserreich übernommene Institutionen – Verwaltung, Justiz und vor allem das Militär – wurden nicht demokratisiert. Obwohl es auch demokratiefeindliche Bestrebungen von Seiten der politischen Linken gab, scheiterte die Weimarer Republik in der Hauptsache an den antidemokratischen Kräften von rechts. Die Republik musste seit ihren Anfängen an zwei Fronten kämpfen. Am Ende verfügten die Parteien, die die parlamentarische Demokratie ablehnten – NSDAP und DNVP einerseits sowie die KPD andererseits – über die Mehrheit im Reichstag.
Die meisten Parteien hatten von ihren unmittelbaren Vorgängern im Kaiserreich die ideologische Ausrichtung übernommen und vertraten weitgehend die Interessen ihrer jeweiligen Klientel – auch wenn es abgesehen von SPD und Zentrum keine namentliche Kontinuität gab. Die Zersplitterung der Kräfte und Aufteilung nach Interessengruppen wie Arbeiterbewegung oder Katholiken wurde (negativ) Partikularismus genannt. Das parlamentarische Regierungssystem einerseits und das die Parteienzersplitterung begünstigende reine Verhältniswahlrecht andererseits erforderten aber die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen und Kompromisse zu schließen. Die Parteien der Weimarer Koalition (SPD, Zentrum und DDP) – so genannt, weil sie die erste Regierungskoalition in der Weimarer Nationalversammlung bildeten – verloren die absolute Mehrheit bereits mit der ersten Reichstagswahl von 1920 und konnten sie nie wieder erlangen. In 14 Jahren gab es 20 Kabinettswechsel; elf Minderheitenkabinette regierten abhängig von der Duldung durch eine Mehrheit des Reichstags, am Ende sogar unter Ausschaltung des Reichstags nur durch die Gnade des Reichspräsidenten und mit Hilfe von Notverordnungen nach Artikel 48 Abs. 2 der Weimarer Verfassung anstelle von Gesetzen. Meist war im Reichstag eine Vielzahl von bis zu 17 verschiedenen Parteien vertreten, selten waren es weniger als elf.
Die junge Demokratie trat ein schweres Erbe an:
Die Parteien und Politiker waren nicht auf die Regierungsübernahme vorbereitet. Im Kaiserreich hatte es keinen Zwang zur Koalitionsbildung gegeben, da die Regierung vom Parlament unabhängig war. Die Parteien hatten nicht gelernt, Kompromisse zu schließen und vertraten nur ihre Wähler. Die Parteien hatten auch keinen Rückhalt in der Bevölkerung, sie galten als notwendiges Übel, nicht vertrauenswürdig und nicht am Allgemeinwohl, sondern am eigenen interessiert. Alternativen zum Parteienparlamentarismus boten einerseits Ermächtigungsgesetze (hauptsächlich 1923 und schließlich 1933) und andererseits die Besetzung von Regierungsressorts und verantwortlichen Stellen mit parteilosen bzw. „überparteilichen“ Fachleuten und Beamten.
Verwaltung und Justiz rekrutierten sich aus dem Personal der Kaiserzeit, auf eine grundlegende Demokratisierung des Beamtenapparats wurde verzichtet – nur das größte Land Preußen bildete zunehmend eine Ausnahme. Viele Richter urteilten politisch voreingenommen: Rechte Straftäter konnten mit wesentlich milderen Urteilen rechnen als linke – worauf bereits der zeitgenössische Statistiker Emil Julius Gumbel aufmerksam machte.
Im Ebert-Groener-Pakt unterstellte sich die Heeresführung der neuen Regierung und sicherte ihr gleichzeitig militärische Unterstützung gegen linksradikale Revolutionäre zu. Die spätere Reichswehr entzog sich jedoch unter dem Kommando des Generals Hans von Seeckt weitgehend der demokratischen Kontrolle und führte eine Parallelexistenz als „Staat im Staate“.
Die alten Herrscher hatten die Macht früh genug übergeben, um mit der Dolchstoßlegende die Kriegsniederlage und den Friedensvertrag, das so genannte „Versailler Diktat“ oder die Schande von Versailles, den neuen demokratischen Machthabern in die Schuhe schieben zu können.
Der Erste Weltkrieg hinterließ schwere ökonomische und soziale Lasten, die nur teilweise von der Sozialpolitik gelindert werden konnten. Insbesondere die faktische Enteignung vieler Bürger durch die Hyperinflation und die nach dem Versailler Vertraggeforderten Reparationen erwiesen sich auch als psychologische Belastung und lieferten den nationalistischen Gegnern der Republik Munition für ihre Agitation gegen die „Erfüllungspolitik“.