sysop Administrator Registriert seit: 08.03.2005 Beiträge: 2.467 | China - Chance oder Bedrohung für die Wirtschaft? China bietet große Märkte, drängt selbst aber auch aggressiv in den Welthandel. Wie wird sich unser Verhältnis zu China künftig gestaltet? Überwiegen die Vorteile oder bedroht die wachsende Weltmacht unsere Wirtschaft? |
06.01.2006, 09:35 | #2 |
Jochen Binikowski Erfahrener Benutzer Registriert seit: 11.04.2005 Ort: Hamburg und Tigaon, Philippinen Beiträge: 1.590 | Na ja, die großen Konzerne bringen ja schon seit einiger Zeit ihr Know-How und Kapital dorthin, und zwar mit Subventionen vom deutschen Steuerzahler. Allerdings ohne realistische Aussicht, jemals auch nur einen Cent Netto-Profit wieder ausführen zu dürfen. Schadenersatz für Patentverletzungen, Backdoor-Produktionen und sonstigen Beschiß können unsere hochdotierten Manager - "Eliten" dann ja vor dem Volksgerichtshof in Peking einklagen. Durch die chinesischen staatlich subventionierten Dumpingpreis - Exporte sind in fast allen Entwicklungsländern ganze Industriebereiche (z.B. Textil) völlig zusammengebrochen. Die sozialen Verwerfungen daraus werden teilweise mit unseren Steuergeldern abgefedert. Für unsere Arbeitslosen-Produzenten in den Konzern- und Politikzentralen gilt weiterhin die Neo-Lib Maxime: Gier frisst Hirn. Insofern ist das gut für die chinesische Wirtschaft. |
06.01.2006, 10:43 | #3 |
Triakel Erfahrener Benutzer Registriert seit: 30.11.2005 Beiträge: 1.203 | Ich versuche das mal aus chinesischer Sicht zu betrachten: China ist über lange Zeit von Großbritannien, den USA, zum kleineren Teil auch Deutschland, ausgebeutet und in Rückständigkeit gehalten worden. (Opiumkrieg, Boxeraufstände u.v.a.) Dann kamen die Japaner und führten insbesondere in der Mandschurei einen regelrechten Vernichtungsfeldzug mit immensen menschlichen und materiellen Verlusten auf chinesischer Seite. Dieses stolze Volk, das bis ins 14. Jahrhundert Welt-Technologieführer war (Stahlproduktion um 850 u.Z., in Europa nach 1800, Buchdruck 500 Jahre vor Gutenberg), ein Volk, das nie expansionistisch war, musste zusehen, wie Spanien, Portugal, danach England und die USA, mit ihrer expansionistischen Kolonialpolitik zu Weltmächten aufstiegen, während man selbst, teilweise auch selbstverschuldet, aber vor allem durch die Schuld des Westens in Unterentwicklung und Bedeutungslosigkeit versank. Nun versucht dieses Volk in unglaublicher Geschwindigkeit diesen Abstand zu verkleinern oder gar zu beseitigen. Mit legalen und illegalen Mitteln, wie der Kolonialismus ja auch illegal war. Sozusagen Diebstahl von Know-How als Reparationsleistung für die erlittene Schmach. So könnte man es auch sehen, stimmt´s? Man sollte die Welt auch immer mal aus dem Blickwinkel der anderen sehen. P.S. ich bin nicht chinesischer Abstammung. |
06.01.2006, 11:01 | #4 | |
rhs Erfahrener Benutzer Registriert seit: 08.11.2005 Beiträge: 118 | Gier frisst Hirn Zitat:
Volle Zustimmung. So ähnlich habe ich das in einem anderen Thread auch mal ausgedrückt. Ergebnisse jahrzehntelanger Forschung, Entwicklung und Fertigung werden mir nichts dir nichts "verschenkt". Aber unsere wirschaftliche Elite ist ja soooooo toll. Wie die phantastische Idee sich nur "auf die Kernkompetenz" zu konzentrieren. Man steht so unglaublich gut auf einem Bein. Wenn dann das Geschäft wegbricht, haut es die gesammte Firma auf die Fresse. Ist doch wirklich schlau, oder ? Merkwürdig ohnehin, welche Auflagen unsere Industrie in China akzeptiert (z.B. nur mit chinesischem Partner). Man stelle sich das Wehklagen eines Hr.Hundt vor, wenn wir die gleichen Forderungen an Investoren stellen würden. | |
06.01.2006, 11:47 | #5 |
Joachim Baum Erfahrener Benutzer Registriert seit: 11.04.2005 Beiträge: 1.640 | Chance oder Bedrohung ? Nun, ich würde mal eher sagen: Chanc und Bedrohung zugleich. Chance: Zumindest mittelfristig wird ein Land mit 1,3 Mrd Menschen nicht aus eigener Kraft die schnellwachsenden Bedürfnisse seiner Einwohner befriedigen können. Also bleibt für den übrigen Markt noch ne Menge übrig. Bedrohung: - Natürlich wird China, wie auch alle anderen Newcomer heute und in der Vergangenheit (z.B. Japan), mehr oder weniger legal Wissen von außerhalb kopieren. Mal ehrlich, was anderes sollten sie auch tun, um den jahrhunderte langen versäumten (selbstverschuldet oder zwangsverhindert spielt keine Rolle, allenfalls unter ethischer Sicht) Technologiefortschritt im Globalisierungszeitalter "verträglich" aufzuholen. - Natürlich will man auch den gleichen Zugriff auf Energie und Rohstoffe, entsprechend den Zugriffen anderer "entwickelter" Staaten. (würde heißen: die restliche Welt müsste, grob gerechnet, mit der Hälfte derzeit verfügbarer Ressurcen auskommen!) - Natürlich wird man in China auch über kurz oder lang zu eigenen Lösungen und Entwicklungen kommen, wie eben auch die anderen Newcomer, und den internationalen Markt neu aufmischen. So what? All dieses erzeugt natürlich Ängste in der "etablierten" Welt, Global Player vielleicht ausgenommen. Aber, wie lange hat man aber auch die Augen davor verschlossen? |
06.01.2006, 12:14 | #6 | |
Rainer Daeschler Erfahrener Benutzer Registriert seit: 11.04.2005 Beiträge: 6.124 | Zitat:
Es ist wie ein Spielcasino. Es ist keine Bedrohung weil es da ist. Es ist nur eine Gefahr für die, die glauben man müsste nur hineinmarschieren und kommt als gemachter Mann wieder heraus. Es verdient daran, dass die Zahl der Hoffnungsvollen ein mehrfaches der Erfolgreichen beträgt. Nichts in berechenbarer, als die "Gier eines Kapitalisten". Airbus hatte sich auch auf die Bestellung aus China gefreut. Allerdings verlangt China überwiegende Fertigung im eigenen Land. So ist schon mal der Aufbau der Zulieferindustrie für das eigene ehrgeizige Projekt eines Großflugzeuges gesichert. Die US-Regierung hatte Boeing dagegen untersagt gleichermaßen zu verfahren. | |
06.01.2006, 12:23 | #7 | |
Rainer Daeschler Erfahrener Benutzer Registriert seit: 11.04.2005 Beiträge: 6.124 | Falsches Sicherheitsdenken Zitat:
Es wird noch etwas dauern, bis in den Konzernspitzen begriffen wird, dass staatliche Hermesbürgschaften nicht gegen die Folgen des aktiven Heranzüchten einer Konkurrenz auf dem Weltmarkt absichern. Die greifen als Absicherung nur für die materiellen Verluste, wenn die "Roten Garden" das Firmengelände konfiszieren. | |
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06.01.2006, 12:34 | #8 |
Ardbeg Neuer Benutzer Registriert seit: 08.12.2005 Beiträge: 17 | Ersteinmal möchte ich meinen Vorrednern Binikowski und rhs zustimmen. Es wird bestimmt interessant werden, wenn westliche Firmen im Rechtsstaat China auf Patentverletzungen klagen und Schadenersatz fordern. Prinzipiell bietet ein großer "neuer" Markt natülich gute Chancen für die deutsche Wirtschaft. Allerdings nur bei fairem Verhalten beider Partner. Und das sehe ich im Moment nicht gegeben. Noch ein paar Anmerkungen zu Post von Triakel: China nicht als Kolonialmacht zu betrachten halte ich für gewagt. Als Beispiel dafür nenne ich nur einmal die Namen Tibet, Korea und Vietnam. Diese Staaten hatten in ihrer Geschicht mehrmals (Tibet bis heute) das "Vergnügen" als "integraler Bestandteil Chinas" angesehen zu werden. Ganz abgesehen von Taiwan, dessen ursprüngliche Bevölkerung genauso Chinesisch war, wie die Ureinwoner Nordamerikas britisch. Zu ermitteln wäre wohl auch, was Uiguren und Kasachen unter Chinesischer Herrschaft von dieser Aussage halten. Dass China im Westen meist nicht als imperialistische Macht gesehen wird liegt wohl daran, dass es in der europäischen Geschichte erst auftaucht, als es durch die Kolonialmächte gewaltsam geöffnet wird. Nur existiert China schon länger als 170 Jahre, wenn auch immer wieder in unterschiedlicher geografischer Ausdehnung. Interessant wäre es auch zu klären, weshalb China seinen vorhanden technologischen und orgnisatorischen Vorsprung gegenüber dem Westen nicht behauptet hat. |
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06.01.2006, 13:22 | #9 | |
ocs1411 Erfahrener Benutzer Registriert seit: 13.04.2005 Beiträge: 5.663 | Zitat:
Ich halte es für gewagt, China als Kolonialmacht zu bezeichnen, da es die Kriterien nie erfüllte: "Der Ausdruck Kolonialismus (v. lat.: colonia Niederlassung, Ansiedlung) bezeichnet die auf Erwerb und Ausbau von Kolonien gerichtete Politik unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen, militärischen und machtpolitischen Nutzens für das Mutterland bei gleichzeitiger politischer Unterdrückung und wirtschaftlicher Ausbeutung der abhängigen Völker." Abgesehen davon, dass Korea niemals von Chinesen beherrscht wurde, Vietnam war keine Kolonie, da es nicht z.G. des Mutterlandes ausgebeutet wurde, sondern 1000 Jahre lang vom Volk der Yue, die nach Nordvietnam einwanderten beherrscht wurde. Auch Tibet erfüllt diese Kriterien nicht, da es zuerst Tibet war, das China angriff und große Teile besetzte (u.a. die chinesische Hauptstadt). Später stellte sich Tibet selbst unter chinesische Lehnsrecht. | |
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