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Matthias O. war der deutschen Justiz kein Unbekannter, als er am 22. Februar aus Kambodscha abgeschoben wurde. "Er ist bekennender Pädophiler und hat bereits mehrere Haftstrafen verbüßt", sagt Uwe Wick, Oberstaatsanwalt in Kiel. Seit Februar sitzt der HIV-positive O. nun erneut im Gefängnis, in Untersuchungshaft in Neumünster. Vorgeworfen wird ihm schwerer sexueller Missbrauch von Kindern sowie Urkundenfälschung und Verstoß gegen das Passgesetz. Oberstaatsanwalt Wick hat ein Rechtshilfeersuchen an Kambodscha gestellt.6 s4 h8 `7 f/ h# C/ z( u% B
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O., Jahrgang 1959, ist einer von schätzungsweise 50 000 Deutschen, die pro Jahr im Ausland sexuellen Kontakt zu Minderjährigen haben. Verurteilt wird hierzulande allerdings nur ein Bruchteil. Wie viele es genau sind, ist kaum zu ermitteln. Der Grund: Ob ein sexueller Missbrauch im In- oder Ausland stattgefunden hat, "ist kein statistisches Merkmal", wie es etwa beim hessischen Justizministerium heißt. Gleiches gilt bundesweit. Vor einigen Jahren hatte sich eine Arbeitsgruppe die Mühe gemacht und die Landgerichte abgefragt. # F+ g& L; k3 P5 E# \$ N, I 5 Y( {6 @: ^, I: A& `$ o 7 e: Y" G. ?+ s6 s / @+ N4 I) ~8 D% a1 |' @" R& G$ u
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: U [3 N: z( ~& vDas Ergebnis fiel ernüchternd aus: "Trotz vielfältiger strafrechtlicher und strafverfahrensrechtlicher Neuerungen in den Jahren 1993 und 1998 werden weniger als ein Prozent der Täter in Deutschland gerichtlich belangt", schreibt Birgit Thoma, Professorin für Strafrecht und Kriminologie an der FH Koblenz in einem Konzeptpapier. Ihrer Ansicht nach hat sich die Zahl der Fälle, die vor deutschen Gerichten verhandelt werden, bis heute allenfalls geringfügig erhöht und liegt noch immer unter zehn Prozent. 9 p k( x- E* D; m5 p: \) E T& v1 X8 S1 U _) O
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Das Ergebnis fiel ernüchternd aus: "Trotz vielfältiger strafrechtlicher und strafverfahrensrechtlicher Neuerungen in den Jahren 1993 und 1998 werden weniger als ein Prozent der Täter in Deutschland gerichtlich belangt", schreibt Birgit Thoma, Professorin für Strafrecht und Kriminologie an der FH Koblenz in einem Konzeptpapier. Ihrer Ansicht nach hat sich die Zahl der Fälle, die vor deutschen Gerichten verhandelt werden, bis heute allenfalls geringfügig erhöht und liegt noch immer unter zehn Prozent.2 F8 L' G( Y, k9 z- s: e) r
' v7 @/ I" u9 a, \: cMechtild Maurer, Geschäftsführerin von Ecpat, der Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung, sagt, dass Staatsanwälte auf Grund des Aufwands wenig Interesse an solchen Verfahren hätten. Gleichzeitig "haben Pädosexuelle die besten Anwälte - das muss man wissen". Deshalb sei es notwendig, dass die Zeugen in Deutschland vernommen werden oder der Richter ins Tatland fährt. Das komme zwar vor, aber viel zu selten. 0 y0 E+ B t M% G4 E; M, Q2 c$ h* Q, K1 X q o, O- ]3 |- a+ P
Einig sind sich Thoma und Maurer, dass die deutsche Polizei ihre Arbeit zufriedenstellend erledigt, wenn es um die Zuarbeit bei Ermittlungen geht. Dabei ist selbst die Verhaftung eines Täters keine Gewähr, dass dieser noch im Tatland oder in Deutschland angeklagt wird. Ein großes Hindernis für die Strafverfolgung sei die Korruption, sagt Otmar Oehring, Menschenrechtsexperte bei der katholischen Hilfsorganisation Missio. "In Ländern wie Thailand, Kambodscha oder Vietnam sind die Ermittler so schlecht bezahlt, dass sich die Täter aus der Schlinge herauskaufen." Außerdem seien die Täter zunehmend besser übers Internet verbunden, informierten sich gegenseitig über die Lage vor Ort und erhielten Tipps, wenn vermehrt ermittelt wird. 4 J4 ~5 R0 E! ]) U. l9 ]5 }' X" I, K+ Y: q, k, M
Verdächtige ziehen gern nach Berlin( e6 r7 }0 p3 e+ G
( e: K; M2 i- E. @1 F k3 d# u% AMechtild Maurer weiß zudem von Verdächtigen, die sich gezielt in Berlin anmelden, weil die dortigen Justizbehörden total überlastet sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Verfahren dort tatsächlich eröffnet wird, sei äußerst gering - und irgendwann sei die Tat ohnehin verjährt.! ?* W4 }8 Y/ t" D3 V" M, Z
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Einer, der bereits Anfang der 90er Jahre Erfahrung mit Missbrauchsfällen sammelte, ist Peter Köhler. Der Oberstaatsanwalt am Frankfurter Landgericht sieht einen weiteren problematischen Aspekt: die Rolle der Botschaft vor Ort. Fälle wie der von Matthias O., der über keinen Reisepass mehr verfügen durfte und deshalb mit einem gefälschten dänischen einreiste, kommen immer mal wieder vor. Dann steht die deutsche Botschaft vor der Frage, ob sie einem Staatsbürger ein Ersatzpapier zur Heimreise ausstellt oder ihm dies verweigert. Wohl wissend, dass ihm im Fall einer Verurteilung drakonische Strafen im Tatland drohen. Diese Problematik, sagt Köhler, "kann niemals zufriedenstellend gelöst werden".3 x6 F" ~, h' r
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Die Kritik, dass sich zu wenige Staatsanwälte ernsthaft mit dem Thema befassen, weil es aufwendig und wenig karrierefördernd sei, weist der Oberstaatsanwalt zurück. "Man muss ein gewisses Gespür und ein glückliches Händchen haben. Das kann nicht von jedem verlangt werden." Seiner Karriere, sagt Köhler, habe die Beschäftigung mit diesen Fällen weder genützt noch geschadet.