Das Rätsel um die Knochen im Fleet
Christa Augustin (44) untersucht die Leichenteile
THOMAS HIRSCHBIEGEL
Die menschlichen Knochen aus dem Alsterfleet - können die Ermittler das Verbrechen aufklären? Am Dienstag fand ein Passant Leichenteile in dem Fleet nahe des Steigenberger-Hotels (MOPO berichtete). Jetzt ruhen die Hoffnungen der Mordkommission auf Christa Augustin. Die 44-Jährige ist Chefin des DNA-Labors der Eppendorfer Rechtsmedizin.
Die Straße Butenfeld hinter dem riesigen UKE-Komplex. Hier liegt der Zweckbau der Gerichtsmedizin. Auf einem Untersuchungstisch aus blankem Stahl sind die Knochen aufgereiht: ein komplettes Bein, ein Bein ohne Fuß, zwei vollständige Arme. Rechtsmediziner bohren einen Oberschenkelknochen auf, entnehmen Knochenpulver. Das kommt in ein Reagenzglas mit Essigsäure, das drei Tage lang bei vier Grad in einem Gerät geschüttelt wird. Danach kann DNA gewonnen werden, die sofort an die Zentraldatei des BKA geschickt wird. Stammen die Knochen von einem registrierten Vermissten, ist die Kripo einen entscheidenden Schritt weiter. Gleichzeitig sitzen die sechs Ermittler der "Mordbereitschaft 4" im Polizeipräsidium Alsterdorf am Computer, überprüfen Hunderte Vermisstenfälle.
Erste Untersuchungen haben gestern ergeben: Der Tote war etwa 30 Jahre alt, schlank, mittelgroß, hatte vermutlich schwarze Haare. Eine Beschreibung, die auf den Wandsbeker Unternehmer Kai Song (31) zutrifft. Das ist die heißeste Spur der Mordermittler unter Hauptkommissar Dieter Rohwedder. Der 53-Jährige ist einer der erfahrensten Kriminalisten der Mordkommission. Obwohl Song seit dem 18. Januar "nur" als vermisst gilt, hatte die Mordkommission den Fall schon im Februar an sich gezogen. Die Ermittler sind sich sicher: Der Chinese ist Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Da es DNA-Material von ihm gibt,wird Dieter Rohwedder wohl schon Freitag Gewissheit haben, ob Song zerstückelt und ins Alsterfleet geworfen wurde.
Hamburg (ddp-nrd). Nach dem Fund von Leichenteilen in einem Hamburger Alsterfleet ist die Identität des Mannes weiterhin ungeklärt. Die Mordkommission sei sich inzwischen sicher, dass das Opfer ermordet wurde, sagte ein Polizeisprecher auf ddp-Anfrage. Die skelettierten Leichenteile stammten von einem jüngeren Mann, von dem Teile des Torsos und des Kopfes bislang fehlten.
Ein DNA-Muster und der bundesweite Abgleich mit vermisst gemeldeten Personen sollen weitere Erkenntnisse bringen. Dabei konzentrieren sich die Ermittler zunächst auf Fälle aus dem Großraum Hamburg. Mit einem Ergebnis wird frühestens in einigen Tagen gerechnet.
Ein Passant hatte die Leichenteile am Dienstagmorgen auf dem Weg zur Arbeit in einem Alsterfleet in der Hamburger Innenstadt entdeckt. Das Fleet war wegen Reinigungsarbeiten trockengelegt worden. Die Kriminalbeamten gehen derzeit davon aus, dass die Leichenteile bereits seit mehreren Monaten im Wasser gelegen haben. Zudem stehe fest, dass es sich bei dem Fundort nicht um den Tatort handele.
Erste Untersuchungen im Institut für Rechtsmedizin hatten an den abgetrennten Gliedmaßen - nach Medienberichten ein Arm und ein Bein - starke Gewalteinwirkungen festgestellt. Weitere Leichenteile, die am Dienstagnachmittag entdeckt wurden, sind laut Polizei noch nicht näher identifiziert. Allerdings sei inzwischen das Erscheinungsbild des Toten eingegrenzt worden. Der schlanke Mann sei zwischen 25 und 35 Jahre alt und zwischen 1,65 und 1,85 Meter groß gewesen und hatte möglicherweise schwarze Haare.
